SCHLIESSEN

Suche

Krankenhausseelsorge

Angebote, Hilfe und Unterstützung

"Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht"

"Ich bin krank gewesen,
und ihr habt mich besucht.
Ich bin im Gefängnis gewesen,
und ihr seid zu mir gekommen."

(Matthäusevangelium, Kapitel 25)

Wer es einmal erlebt hat, weiß, dass man sich in schweren Lebenssituationen schnell allein und verlassen fühlt. Erst recht, wenn man durch eine Erkrankung aus dem häuslichen Umfeld herausgerissen ist und ins Krankenhaus muss.

Wir sehen es als eine wichtige kirchliche Aufgabe an, Menschen in dieser besonderen Lebenssituation zu begleiten. Als KrankenhausseelsorgerInnen besuchen wir Patienten und deren Angehörige in den Kliniken unseres Kirchenkreises Ostholstein. Wir bieten Gespräche und Hilfe an, feiern Gottesdienste und Andachten und laden ein zum gemeinsamen Abendmahl und zur Krankensalbung.

Jesus von Nazareth erzählt den Menschen von einem Gott, der freundlich auf uns Menschen schaut, und sagt zu denen mit Kummer: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: ich will euch erquicken." Diese Einladung trägt auch uns bei unserem Dienst in den Krankenhäusern. Und wir machen die Erfahrung, dass in der seelsorgerlichen Begegnung und Begleitung manche Schmerzen gelindert werden.

Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger im Kirchenkreis Ostholstein

In insgesamt elf Kliniken von Oldenburg i.H. im Norden bis Bad Schwartau im Süden arbeiten acht KollegInnen, die meisten als hauptamtliche Krankenhaus-SeelsorgerInnen, zwei mit Beauftragungen in der Krankenhausseelsorge neben ihrer Tätigkeit als GemeindepastorIn. Alle in der Klinikseelsorge Tätigen haben mindestens eine Ausbildung in Klinischer Seelsorge [KSA], oft darüber hinaus auch weitere therapeutische, pastoralpsychologische oder supervisorische Zusatzausbildungen.

Bericht

"Kirche am anderen Ort"

Acht Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger arbeiten in insgesamt elf Kliniken zwischen Oldenburg in Holstein im Norden bis Bad Schwartau im Süden – die meisten hauptamtlich, einige mit Beauftragungen in der Krankenhausseelsorge neben ihrer Tätigkeit als Gemeindepastorin oder -pastor. Sie alle haben mindestens eine Ausbildung in Klinischer Seelsorge [KSA] absolviert, darüber hinaus oft auch weitere therapeutische, pastoralpsychologische oder supervisorische Zusatzausbildungen. Pastor Andreas Pieper, Krankenhausseelsorger in Eutin, Middelburg und Bad Schwartau und Sprecher des Kirchenkreis-Referats Seelsorge, berichtet aus dem Alltag in diesem Dienst:

Aus dem Alltag eines Krankenhausseelsorgers

Samstagvormittag, ich bin gerade vom gemütlichen Familienfrühstück aufgestanden und will noch einen letzten Blick auf die Gottesdienstvorbereitung für den morgigen Sonntag werfen. Ich bin damit fast fertig, als mein Telefon klingelt – es ist die diensthabende Ärztin der Notaufnahme. Sie hätte da einen Patienten, der könnte Beistand gebrauchen. Ob ich den wohl besuchen könnte?

Und dann erzählt sie von Metastasen im Gehirn, die jetzt gerade bei einer Routine-Untersuchung entdeckt worden sind. Auch von dem Haupttumor in der Lunge hat keiner was gemerkt bis zu dieser Untersuchung.

Ich will gar nicht so viele medizinische Einzelheiten wissen, merke aber, dass auch die Ärztin selbst ziemlich betroffen ist, und vielleicht ist es ihre Art mit der schweren Situation umzugehen: der Patient ist Ende Vierzig, steht noch mitten im Leben. Eine junge Familie, das Paar hat drei Kinder. Und wie es aussieht, wird er bald sterben, viel Hoffnung besteht nicht...

Entlastende Gespräche mit einem, der von außen kommt

Mitte der Woche, nachmittags zur Kaffeezeit in einer anderen Klinik – die Station für schwerstbetroffene Patienten, der so genannte Heimbereich.

Ich treffe ein Ehepaar, Herrn und Frau N., die fast täglich kommen und ihre Tochter besuchen. Seit sechzehn Jahren liegt sie im Wachkoma – ein Zustand zwischen Leben und Tod, wie die Eltern es selbst nennen. Beim Kaffeetrinken, zu dem sie mich eingeladen haben, kommt nach kurzer "Plauderzeit" zur Sprache, dass sie sich doch größere Sorgen machen: ihre Tochter hätte in letzter Zeit vermehrt krampfartige Anfälle. Schwer für sie, das auszuhalten: daneben stehen und nichts tun können ...

Wiederum eine andere Klinik – ich sitze in einer ethischen Fallbesprechung zusammen mit Ärzten, der Sozialarbeiterin und einigen Menschen aus der Pflege. Es geht um eine 52jährige Patientin, die, im Krankenhausjargon formuliert, "austherapiert" ist. Der behandelnde Arzt möchte die therapeutischen Maßnahmen zurückfahren und die Verantwortung für diese Entscheidung gern auf mehrere Schultern verteilen. Nachdem alle Beteiligten ihre jeweilige Einschätzung zur Sprache gebracht haben, sind sich alle einig: eine Verlängerung der Therapie, gar eine nochmalige Operation würde dem erklärten Willen der Patientin [Patientenverfügung] widersprechen. Auch andere Gesichtspunkte sprechen dafür, hier keine unnötigen lebensverlängernden Maßnahmen durchzuführen, so dass wir uns schließlich weitgehend einig sind, sie "gehen zu lassen". Später erfahre ich, dass die Patientin nach weiteren zwei Tagen auf der Intensivstation "ruhig eingeschlafen" ist. Die Angehörigen bedanken sich beim Arzt, der der Patientin aus ihrer Sicht unnötige Quälerei erspart habe.

Drei einzelne Episoden – sie zeigen, wie unterschiedlich, man könnte auch sagen wie abwechslungsreich die Arbeit in der Krankenhaus-Seelsorge ist. Nicht nur PatientInnen und ihre Angehörigen, auch die Mitarbeitenden im Krankenhaus brauchen gelegentlich ein entlastendes Gespräch – möglichst niedrigschwellig und möglichst mit einem, der von außen kommt und das Gehörte im Herzen bewahrt.

"Ich war krank und ihr habt mich besucht..."

Im Krankenhaus verdichtet sich das Leben, es wird sehr schnell existentiell, auch wenn es natürlich nicht immer um Leben und Tod geht – das ist eine Erfahrung, die auch die Seelsorge-KollegInnen in den anderen Kliniken machen. Vermutlich ist es die plötzliche Unterbrechung des Alltags, die das ganze Leben durcheinander bringt und Fragen aufwirft, die sich so bislang nicht gestellt haben. Das bislang Selbstverständliche – dass ich mich nämlich frei bewegen kann, meine Kontakte pflegen und mich selbst versorgen kann, ja: dass mein Leben weiter seinen mehr oder weniger unbeschwerten Gang gehen wird – diese Selbstverständlichkeiten sind in der Krankenhaus-Situation auf einmal in Frage gestellt.

Gut, wenn dann jemand da ist und Zeit für Gespräche hat. Nicht dass dann die Sorgen auf einmal erledigt wären, aber die Meisten erleben doch, wie entlastend es sein kann, das Herz auszuschütten und sich den Kummer von der Seele zu reden.

Dazu ist es wichtig, die Menschen aufzusuchen. "Ich war krank und ihr habt mich besucht..." sagt Jesus im so genannten Gleichnis vom großen Weltgericht [Matthäus 26]. Und so besteht ein großer Teil der alltäglichen Arbeit in der Krankenhausseelsorge darin, Menschen zu besuchen. Oftmals ohne besondere Aufforderung oder Einladung. Trotzdem ist es schön, von Menschen aus den Kirchengemeinden zu erfahren, die ins Krankenhaus kommen.

Und so ergeht an dieser Stelle die Bitte an die KollegInnen in den Kirchengemeinden, in solch einem Falle gern den oder die zuständige/n KrankenhausseelsorgerIn zu informieren – die Fülle der PatientInnen macht es unmöglich, lückenlos alle PatientInnen zu besuchen...

Ergänzung und Entlastung für Kirchengemeinden

Vom kirchlichen Auftrag her gesehen ("Gehet hin in alle Welt...") ist Krankenhausseelsorge eine – wie ich finde notwendige – Ergänzung zur Kirchengemeinde vor Ort und damit vielleicht auch eine Entlastung der GemeindepastorInnen, die neben den vielfältigen Aufgaben in der Gemeinde vermutlich nur ansatzweise in den Kliniken präsent sein können.

Gerade durch regelmäßige Besuche und Ansprechbarkeit auf den Stationen aber, durch Klinik-Gottesdienste und Andachten, Gesprächsgruppen oder andere Veranstaltungen zeigt sich Krankenhausseelsorge als Krankenhausseelsorge und damit als Kirche am anderen Ort. Und ich glaube für alle unten aufgeführten KollegInnen sprechen zu können, wenn ich sage: wir sind froh und dankbar, dass es diesen besonderen Dienst unserer Kirche gibt und wir an diesem Ort arbeiten dürfen.

Pastor Andreas Pieper